Futtern und Leben im Hunderudel
Gerne sagt man: „Zwei Hunde, Arbeit und Verantwortung für drei, Spaß für vier“. Das bringt das Leben mit einem Hunderudel kurz und treffend auf den Punkt. Als Mensch ein heimisches Hunderudel zu führen, will wohl überlegt und geplant sein. Kommt ein Zweithund oder gar Dritthund ins Haus, ändert sich eine Menge. Es ist nicht nur einfach so, dass sich alles wie zum Beispiel Kosten, Tierarztbesuche & Co. verdoppeln. Oder man denkt, ob ich mit einem Hund oder zweien Gassi gehe, ist doch gleich. Außerdem sind sie dann ein Team und können sich auch besser selbst beschäftigen. Man wird also sogar noch „entlastet“. Leider stimmt diese Rechnung nicht so ganz, denn die Hunde agieren miteinander. Der eine spornt den anderen noch an, „Lustiges“ zu tun. Und nicht jeder Hund im vom Menschen bestimmten Hunderudel ist gleich bester Freund mit dem anderen vierbeinigen, felligen Mitbewohner. Es bedarf eigentlich einer noch konsequenteren und durchdachteren Hundeerziehung im Hunderudel als mit Einzelhund. Eine besondere Herausforderung kann das Füttern eines Hunderudels sein. Wie geht man da am besten vor? Wir befragten dazu die Hundetrainerin Karin Noeske von www.kanos-hund-mensch.com.
Melanie Licht (Graf Barf): Seit 13 Jahren bin ich stolze Besitzerin eines Hunderudels. Zuerst waren es eine Labrador-Hündin und ein Labrador-Rüde, dann kam ein dritter Rüde dazu. Nachdem unsere Hündin mit 14 Jahren verstarb, kam einige Zeit später wieder ein Welpen-Rüde dazu. Als der erste Labbi-Welpe, Sting, zu uns und unserer Hündin Kira stieß, habe ich sehr viel über das Leben mit einem Hunderudel gelesen. Tenor war immer, dass man als Mensch von Beginn an eine Reihenfolge der Hunde im Rudel einführen und einhalten sollte. Bis heute halten wir das so. Bei uns ist es eine klare Reihenfolge nach Lebensalter. Heißt derzeit auch beim Füttern: Sting (13 Jahre), gefolgt von Wilson (7 Jahre), dann Tilmann (2 Jahre).
Da alle drei wirklich sehr verfressene Labradore sind, ist das Fressen für sie 2x am Tag ein wahres Highlight. Die Näpfe sind ruck, zuck leer. Alle drei fressen ihr Graf Barf Vollwertmenü direkt nebeneinander an einer selbstgebauten Hundebar in der Küche. Napf für Napf werden sie in der üblichen Reihenfolge versorgt und starten sofort. Leider haben wir das mit dem Kommando fürs Fressen irgendwie „vergessen“ ?. Es klappt aber. Am Ende schleckt jeder den Napf der anderen beiden noch einmal gründlich sauber, denn der andere könnte ja doch etwas vergessen haben. Das lassen sie aber alle drei problemlos untereinander zu. Es geht also bis auf die Schnelligkeit der Futterei harmonisch und absolut freundschaftlich zu.
Nun habe ich gelesen, einige Hundeexperten empfehlen, dass man die hundische, interne Rudelreihenfolge der Hunde beachten sollte. Das wäre bei uns nicht nach Alter, denn unser alter Junge Sting gibt seinen Posten so langsam ab. Wilson, unser hampeliges Schaf, ist zum Rudelchef einfach nicht geboren, und man merkt zunehmend, dass der braune Labrador Tilmann mit seinen pubertären 2 Jahren mehr und mehr Chefallüren im sonstigen Leben anmeldet. Unsere Fressreihenfolge akzeptiert er allerdings ohne Wenn und Aber. Selbst wenn es zwischendurch zum Beispiel ein Stück Obst aus Frauchens Hand gibt, was sie alle sehr lieben, stellt er sich quasi hinten an und wartet.
Habe ich nun ein „einfaches“ Rudel, kann das mal kippen mit den drei Jungs? Kann man es besser machen? Was wären deine Tipps, liebe Karin?
Karin Noeske: Uns fällt immer wieder auf, wie unterschiedlich das gehandhabt wird und trotzdem zum Glück meist problemlos klappt. So, wie du das machst, machen es wohl die meisten, und das ist auch vollkommen richtig.
Für Hunde ist es ganz sicher am wenigsten stressig, wenn der Mensch die Futterfreigabe in gleichbleibender Reihenfolge managt. So wissen alle, wann sie dran sind. In der Regel kennt der Mensch ja seine Pappenheimer sehr gut und weiß, wie er mit ihnen umzugehen hat. Was sicher falsch ist, Futter einfach hinzustellen nach dem Motto: „Die regeln das schon.“ Hunde sind kleine (? ?) Egoisten, die erst mal ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen wollen. Je nach Charakter kann das zu heftigen Konflikten führen.
Wir füttern immer nacheinander, einzeln und natürlich nach Freigabe. Das heißt, ich kann die Näpfe gefüllt hinstellen und tatsächlich noch mal den Raum verlassen, ohne dass einer von sich aus das Futter anrührt.
Melanie Licht: Wau, das beeindruckt mich jetzt natürlich sehr! Unfassbar, und das liegt sicherlich nicht daran, dass ich verfressene Labradore habe, sondern an uns Menschen, die es nicht trainiert haben… Was heißt für dich „Freigabe“?
Karin Noeske: Freigabe heißt für mich: Ich spreche jeden einzeln mit Namen an, fordere den Blickkontakt, und dann heißt das bei uns: „’n guten!“ Haben wir einen Gasthund da, geht das genauso: Der Gast kommt zuletzt dran. So kann er schon mal beobachten, wie das bei uns geht. Startet er ohne vorherige Freigabe, kommt der Napf wieder weg. Napf runter – stürmt los – Napf weg. (…) Napf runter – Blickkontakt – „’n guten!“ Verhaltensoriginelle Gäste und solche mit Ressourcen-Themen werden zunächst immer allein im Raum gefüttert, ohne Konkurrenz, in aller Ruhe, sicher und mit viel Freiraum.
Melanie Licht: Also genau anders als bei uns Menschen. Bei uns ist der Gast König! Ich bin schon wieder beeindruckt. Wenn wir das nun machen wollen würden, müssten wir zu dritt an den drei Näpfen stehen und „Napf weg – Napf runter“ spielen. Eine Person pro Napf… Wie siehst du es mit der Reihenfolge generell?
Karin Noeske: Ob jetzt der Ranghöchste zwingend immer zuerst fressen darf, das lass ich gerne mal offen. Das hängt zu sehr von den Individuen, der Situation und dem ganzen Drumherum ab, um da eine pauschale Aussage treffen zu können. Hunde, die zusammenleben, wurden ja nicht gefragt, ob sie vielleicht nicht lieber allein leben wollten. Also ist es die Aufgabe des Menschen, jedem Rudelmitglied seinen Freiraum zu schaffen, jeden zu fördern und für Sicherheit zu sorgen. In Bezug aufs Fressen heißt das für mich, dass jeder sich darauf verlassen kann, dass er seine Ration bekommt und diese auch nicht verteidigen muss.
Melanie Licht: Dann bleibe ich doch bei meiner Altersreihenfolge. Sie funktioniert ja sehr gut. Und außerdem ist sie auch dann leicht umsetzbar, wenn einmal andere Personen meine Hunde füttern. Wichtig ist also die Konstanz. Wie würdest du nun üben? Was kann man tun?
Karin Noeske: Eine nette kleine vorbereitende Übung kann hier sein, alle Hunde vor sich stehen oder sitzen zu haben und jedem nacheinander ein Leckerchen zu geben. Dabei zuerst immer den Namen des Hundes sagen, der als nächstes Futter bekommt. So lernt jeder, dass jeder was bekommt und dass Warten sich lohnt. Hier lässt sich auch mal wieder gut üben, Blickkontakt zu halten (Zum Artikel Dem Hund „Nein“ beibringen!). Und man kann schön variieren bzw. aufbauen. Leckerchen gibt es dann z.B. aus der offenen Hand, vom Knie, vom Boden, (…) aber eben immer erst nach Name, Blickkontakt und Freigabe.
Melanie Licht: Gute Idee. Das mit den Namen machen wir schon ohnehin. Bei uns heißt es ähnlich: „Guten Appetit!“ Aber vielleicht bekommen wir das dann auch mal mit dem Futterstart entspannter hin. Wenn jetzt jemand mit einem Zweithund im Hundehaushalt beginnt – was wäre dein Haupt-Tipp?
Karin Noeske: Auf jeden Fall bestimmt der Mensch die Regeln! Regeln geben Sicherheit. Und wer sich sicher fühlt, fühlt sich auch wohl. Damit gleich sehr konsequent mit dem Einzug des neuen Hundes – siehe Beispiel unserer Gasthunde – bzw. Welpen starten.
Melanie Licht: Ein großartiges Schlusswort. Ich danke dir sehr für das Gespräch.
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